2.3.7. Lob der Mischung

Muss ich überhaupt noch betonen, dass ein neodarwinistischer Biologe, also ein in der Universität ausgebildeter Fachmann dieser naturwissenschaftlichen Disziplin, kein Verfechter der „Rassereinheit“ sein kann? So viel soll immerhin dazu gesagt werden, dass die sexuelle Vereinigung ungleicherbiger Keimzellen dem dann geborenen Individuum und seiner Population nicht automatisch irgendwelche Nachteile einer „Mischrassigkeit“ einbringt. Sie eröffnet viel eher Chancen für kleine Änderungen des Erbguts, die sich in ihrer Manifestation als Selektionsvorteil erweisen können, dies vor allem dann, wenn auch die Umweltbedingungen sich geändert haben oder das mischerbige Lebewesen und seine Population durch Wanderungen in eine noch erträglich andersartige Umwelt geraten sind. Die sexuelle Vereinigung von Keimzellen, die nicht reinerbig gleich sind, war ja sogar die entscheidende Bedingung, ja geradezu der Motor der Artbildung. Durch „Mischung“ ungleicherbiger Genome und anschließende Selektion, vor allem unter der Bedingung einer danach eintretenden oder stärker wirksam werdenden Isolation, konnten im Verlauf der Evolution immer neue Arten und sogar höhere biologische Ordnungen zustande kommen. So hat sich die biologische Verschiedenheit, bis zur Unmöglichkeit einer zwischenartlichen Fortpflanzung, immer wieder aus je neuen individuellen Mischungen ergeben, und die Mischung zwischen geographisch oder ökologisch benachbarten Rassen konnte einen wichtigen Beitrag dazu liefern.

Das gilt insbesondere für den Menschen, dessen Ausbreitung über die ganze Erde bis in die allerverschiedensten Biotope und vor allem die daran anschließende Isolierung einzelner Populationen - hinter Gebirgszügen und in abgeschlossenen Gebirgstälern, in Kontinenten, großen Halbinseln („Sackgassen“!) und Inseln, getrennt durch Meeresarme, vorübergehende Eisschilde (so in Mitteleuropa während der Eiszeiten) und durch ausgedehnte Wüsten - zunächst zur Rassenbildung beitrug. Dies geschah – wohlgemerkt! – innerhalb der gleichen Art Homo sapiens, deren verschiedene Rassen unbegrenzt untereinander vermehrungs- und damit vermischungsfähig blieben. Nach Besiedlung aller bewohnbaren Biotope auf unserer Erde, auch als Effekt der durch die „neolithische Revolution“ bedingten besseren Ernährung auch von größeren und dichteren Populationen, wurde die anfänglich naturwüchsige Selbstisolierung zunehmend stärker aufgehoben. Populationen von Viehhirten und Feldbauern konnten Reserven an Nahrungsmitteln und darauf aufbauend von anderen Gütern anhäufen, die den Neid der in dieser Hinsicht besitzlosen Jäger und Sammler wecken mussten. Solchen Reichtum „abzuschöpfen“ konnte zur neuen Existenzgrundlage und Subsistenzweise der vormaligen Wildbeuter werden, und bei der Abwehr solcher Übergriffe und im Gegenzug in der Perfektionierung der Angriffs- und Ausbeutungsmöglichkeiten wurden viele der bisherigen Populations- und damit schließlich auch Rassengrenzen aufgehoben. Heutzutage gibt es wohl nur noch einen reduzierten Prozentsatz einigermaßen reinrassiger Populationen, und dieser Anteil wird weiter abnehmen.

Kann man nun erwarten, dass über kurz oder lang alle Menschen dieser Erde durch eine noch zunehmende Mischung immer gleichartiger werden, und in späteren Generationen die Rassenunterschiede völlig verschwunden sind? Das fände ich bedauerlich, weil „rassige“ Menschen in ihrer je besonderen Schönheit sehr zur Vielfalt und Buntheit menschlicher Erscheinungsweisen beitragen. Das gilt für die Anmut einer westafrikanischen Königstochter oder die markanten Gesichtszüge eines Indio aus dem südamerikanischen Alti Plano (Andenhochebene) ebenso wie für die Kombination von klarblauen Augen mit hellblonden Locken bei einem kleinen Kind, die auch bei jungen Frauen noch sehr ansprechend ist und als eines der international gültigen Schönheitsideale gilt. Wenn diese im Grunde rassischen Besonderheiten ohne Rest aufgehen und verschwinden würden in einer wenn auch noch so optimal gemischten Gesamtpopulation einer Menschheit, in der alle Menschen einander glichen wie ein Klon dem anderen, dann fände ich das einfach schade. Aber ein solches Ergebnis ist auch in ferner Zukunft gar nicht zu erwarten, jedenfalls nicht flächendeckend. Die Mischungen, und zwar je unterschiedliche, werden sich weiterhin eher in Metropolen und Ballungsgebieten ereignen, oder in verkehrsgünstigen Zentral- und Durchgangsregionen wie etwa in Mitteleuropa (seit jeher besonders in Deutschland) und im westlichen Vorderen Orient, vielleicht irgendwann auch wieder in Palästina/Israel. Derzeitige Vorreiter solcher Mischung sind die USA und Brasilien, bald wohl auch Südafrika, und jemand, der an sein persönliches Weiterleben nach dem Tode glaubt, könnte vom Himmel herunterblickend gespannt darauf warten, wie die Deutschen, US-Amerikaner, Brasilianer und Südafrikaner nach weiteren 10 Generationen von spontaner, jedenfalls nicht aktiv (staatlich oder religiös) verhinderter Rassenmischung im großen Durchschnitt jeweils aussehen werden. Einige Effekte sind vorauszusehen, die mit gewisser Wahrscheinlichkeit eintreten werden: die Mischpopulationen werden von größerem Wuchs sein als ihre Ausgangsrassen, sie werden bis ins Alter jünger (juveniler) aussehen, und viele Individuen in ihnen könnten, nach allgemein menschlichen Schönheitsmaßstäben, als ausgesprochen attraktiv auffallen.

In den durch Eisenbahnen, Fernstraßen, Schifffahrtswege und Häfen und schließlich durch den internationalen Flugverkehr zugänglichen Regionen und ihren Zentren wird die Durchmischung stärker fortschreiten, im Einzelnen auch innerhalb der Wirtschaftszentren, in den ohnehin international orientierten Universitäten, in den kulturellen Brennpunkten und in den Zielorten des Massentourismus. Außerhalb solcher Bereiche wird es weiterhin Populationen geben, die ihre rassische, auch sprachliche und kulturelle Eigenart bewahren, teils aus Mangel an Gelegenheit zur Mischung, teils aus dem eigenen Wunsch, möglichst so beständig und einander gleich zu bleiben wie sie es immer schon waren. Ich sehe solche lokale Erhaltung der eigenen Besonderheiten nicht nur als über lange Zeiten erwartbar an, sondern als ein in Grenzen legitimes Ziel, das ggf. auch verdient, von außen unterstützt zu werden. Die positiven Effekte der Mischung setzen ja Verschiedenheit voraus, und die Welt würde einfach ärmer, wenn Anderssein nicht mehr toleriert und, wenn es bedroht sein sollte, aktiv geschützt und gefördert würde.

Die Mischung selber, auch die Rassenmischung, ist kein als Ideal zu erstrebendes Ziel, sondern eher ein zu akzeptierendes Ergebnis spontaner und schwer zu verhindernder Kontakte. Es sollte uns, wenn Vernunft waltet, also nicht um die totale Durchmischtheit der gesamten Menschenart gehen, sondern vielmehr um die unbehinderte Möglichkeit zu jeglicher Mischung, die wiederum ursprüngliche Verschiedenheiten voraussetzt, weil bei noch oder schon wieder bestehender Gleichheit der Zusammenkommenden gar nicht von Mischung die Rede sein kann.

Diese Überlegungen haben auch Konsequenzen für die eigentliche Zielrichtung meiner Arbeit, die von der Kritik an den Monismen zu einem „Lob der Vielheit“ führen soll. Deshalb ist es nötig, hier klar zu stellen: Mit dem entschiedenen Pluralismus ist nichts gegen eine Mischung zwischen den je besonderen Vielen gesagt. Es soll auch nicht die Verschiedenheit gegen eine etwa naturwüchsig sich ergebende Gleichheit verteidigt werden. Und keinesfalls soll damit die „Reinheit“ einer von den anderen Gruppen ggf. deutlich verschiedenen eigenen Gruppe zum Ideal erhoben werden. Ich verwahre mich also ausdrücklich gegen tatsächlichen Rassismus, der – im Unterschied zu anderen Formen eines Fremdenhasses – ausdrücklich eine vermeintlich reine Eigenrassigkeit gegen die „Fremdrassigen“ und gegen den Kontakt und die Mischung mit ihnen zu bewahren versucht. Auch der Partikularismus bis zum Separatismus und Isolationismus soll sich nicht auf das Lob der Vielheit berufen können. Wenn also föderalistische Bestrebungen zur Durchsetzung politischer, wirtschaftlicher bzw. kultureller Sonderinteressen einer Region, die an sich durchaus akzeptabel sind, über die gewünschte Selbstbestimmung hinausgehend zur Selbstabschließung und schließlich völligen Loslösung aus dem sozialen und politischen Umfeld führen, zur geographischen Isolation mit Grenzmauern und anderen Mitteln der Mobilitätsverhinderung, dann ist das keineswegs pluralistisch begründbar. Auch die Ghettobildung innerhalb von Großstädten oder die Selbstisolierung in Sekten oder alleinseligmachenden Glaubensgemeinschaften muss ihre Grenze finden an Anforderungen, die an alle Menschen zu stellen sind, wenn wir in unserer immer kleiner und enger werdenden Welt zusammen leben, und nicht in der Isolierung voneinander erstarren und im Kampf gegeneinander sterben wollen.

Ich will nun noch einen Schritt weiter gehen und das Lob der Pluralität ergänzen durch ein Lob der Mischung. Das kann schon durch biologische Befunde gestützt werden: man sollte wissen, dass Mischerbigkeit die Häufigkeit solcher Erbkrankheiten vermindert, die sich nur im Falle der Reinerbigkeit, d. h. der Gleicherbigkeit beider Eltern in Hinsicht auf bestimmte Gene, manifestieren. Jeder einigermaßen kynologisch gebildete Hundefreund weiß, dass es gerade die Mischlingshunde sind, die noch mit natürlichen Instinkten ausgestattet sind. Dazu gehört die Schonung des im Kampf Unterlegenen, der eine Demutshaltung eingenommen hat, die Liebe zu Hunde- und Menschenkindern, die Anhänglichkeit zum vertrauten Hundehalter, der damit quasi als Rudelführer fungiert, und anderes mehr. Auf dieser Grundlage verfügen Mischlingshunde über Wesenseigenschaften, die leider in bestimmten Reinzuchten bestimmten Hunderassen praktisch abgezüchtet worden sind, insbesondere einigen Kampfhund-Schlägen.

Um auf den Menschen zurückzukommen: es gibt Sprachenmischungen wie im Englischen, zu dessen heutiger Form viele Einzelsprachen ihre je besonderen Beiträge eingebracht haben. Dazu gehören vor-indoeuropäische, dann auch keltische Wurzeln, vor allem aber germanische – von Angeln und Sachsen, aber auch von Skandinaviern - , und dazu noch römische, griechische und später beispielsweise auch indische Wörter. Auf diese Weise ist eine Sprache zustande gekommen, die in ihren Ausdrucksmöglichkeiten und ihrem Reichtum an inhaltlichen Varianten erst die literarische Meisterschaft eines William Shakespeare ermöglicht hat.

Im kulinarischen Bereich, das soll nicht unerwähnt bleiben, sind Anregungen aus anderen Ländern mit ihren anderen Essensgewohnheiten unverzichtbar, denken wir nur an die verschiedenen Currymischungen, an die italienischen Pizzas und die türkischen Döner. Und was wäre die rheinische Küche ohne die wohl von französischen Besatzern übernommene Grüne Sauce des Geheimraths Goethe, für die bekanntermaßen neben anderen ausgewählt guten Zutaten sieben frische Kräuter in wechselnder Zusammensetzung und Menge verwendet werden sollten, an der Spitze Kerbel, Boretsch und Pimpernelle, dann auch Schnittlauch, Sauerampfer, Petersilie und Kresse, um nur die üblichen zu nennen. Ein Blättchen Weinraute gibt dem Ganzen noch den letzten Pfiff! Aber auf die Qualität und Frische und die richtige Dosierung und Mischung der Zutaten kommt es an, und die Vielheit sollte erkennbar bleiben!