3.6.3. Die hohe Eigengeschwindigkeit der Gravionen

Was die hohe Eigengeschwindigkeit der Gravionen betrifft, liegen die Schätzungen der in "Pushing Gravity" zitierten oder selbst zu Wort kommenden Autoren noch weit auseinander. Wohl etwas zu leicht hat es sich Fatio gemacht, wenn er davon ausging, dass die Geschwindigkeit der Gravionen zumindest weit größer sei als die Geschwindigkeit der durch ihren Einfluss nach unten fallenden Körper (F. van Lunteren, PG 48). M. R. Edwards schreibt den Gravionen die Lichtgeschwindigkeit zu, ebenso auch K. E. Veselov (Chance Coincidences or Natural Penomena. PG 172), der gleich die Begründung mitliefert: die Lichtgeschwindigkeit sei eben die Höchstgeschwindigkeit für alle physikalischen Interaktionen und die Ausbreitung von Information. Da frage ich mich, ob wohl alle Korpuskeln, auch die Gravionen, sich an die Einsteinsche Höchstgeschwindigkeits-Verordnung halten werden? Die weitaus meisten Autoren gehen aber von einer großen, sehr großen, enormen, ungeheuren Geschwindigkeit der Gravionen aus, die als zumindest supraluminal (V. Buonamano, PG 310) eingeschätzt wird, also mehrere Größenordnungen schneller als die Photonen des Lichts (T. Van Flandern, PG 96). In eindeutigeren numerischen Angaben werden folgende Werte genannt:

Van Flandern (PG 106): > 2·1010 c

Le Sage (nach Halton Arp, PG 24) 1013 c

Poincaré (nach M. R. Edwards, PG 70) 1024 c ?

wobei c = 299 792 485 m/sec, also ungefähr dreihunderttausend Kilometer pro Sekunde.

Es kann somit von einer fast momentanen Wirkung eines Körpers auf den anderen gesprochen werden, was es erlaubt, eine in der Zeit sich vollziehende Ausbreitung der Gravitationswirkung und damit das Kausalitätsprinzip beizubehalten (Halton Arp, PG 3). Hier sollen solche Zahlenangaben nicht einfach gemittelt werden. Notwendig wären vielmehr weitere sachlich begründete, nämlich von anderen empirischen Messungen abgeleitete Schätzwerte, die mit dem Fortschritt der Wissenschaft sich einem dann hoch bestätigten Wert annähern werden.

Deshalb möchte ich jetzt noch auf etwas hinlenken, was ich einem Beitrag unter der Rubrik "Wissenschaft" der Süddeutschen Zeitung vom 14. 1. 03 entnommen habe. Unter dem etwas reißerischen und zugleich unzutreffenden Titel "Jupiter bestätigt Einstein" gibt der Referent, Thomas Bührke, folgende Kurzinformation wieder (von mir in Auszügen wörtlich zitiert): " ... Sergei Kopeikin und einem Kollegen von der University of Missouri ist es erstmals gelungen, die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Schwerkraft zu messen ... Demnach ist die Gravitation genau so schnell wie das Licht ... mit 95 Prozent der Lichtgeschwindigkeit ... , bei einem möglichen Messfehler von 25 Prozent ... Eine weitere Folgerung ist, dass Gravitonen, welche die Schwerkraft übertragen, ebenso masselos sind wie die Lichtteilchen, die Photonen." Daraus entnehme ich, dass auch unter Astrophysikern eine Partikeltheorie der Gravitation inzwischen zumindest als denkmöglich gilt. Ich rechne im übrigen damit, dass ein ausführlicherer Bericht über Kopeikins Messungen in absehbarer Zeit in "Spektrum der Wissenschaft" zu lesen sein wird. Diese neuen Ergebnisse, selbst wenn sie bestätigt werden, bedeuten natürlich noch nicht, dass die Partikeltheorie der Gravitation richtig sein muss. Sie bedarf noch anderer Verdeutlichungen und Überprüfungen, vor allem einer einigermaßen zwingenden Bestätigung. Es kann aber schon hier festgehalten werden, dass auch supraluminale Gravionen Informationen übertragen könnten, wenigstens über die Richtungen, aus denen sie kommen, und über ihre Menge und Dichte. Wenn man die überaus geringe Größe und die überaus hohe Eigengeschwindigkeit der Gravionen zusammennimmt, ist davon ableitbar, dass sie selber für uns unsichtbar und auch mit apparativen Methoden unbeobachtbar bleiben werden, dass wir deren Merkmale und Maße weiterhin nur aus ihren Effekten erschließen können. So betonen V. Radzievski und I. I. Kagelnikova, dass die Gravionen nur in der Weise von gravitativen Interaktionen zwischen Körpern, also nur aus ihren Wirkungen erkennbar sind (PG 89).

Tom Van Flandern weist darauf hin, dass die Ausbreitung der Gravionen trotz ihrer Kleinheit und hohen Geschwindigkeit dennoch nicht unbegrenzt geradlinig sein kann (PG 101). Selbst wenn das einzelne Gravion nicht schon vorher mit baryonischer Materie kollidiert, kann es auf seinem Weg durch den Raum auch auf andere Gravionen treffen, so dass die Bahnen von beiden dadurch abgelenkt werden und die Gravionen eine Streuung erfahren. Die durchschnittliche Raumstrecke, die ein Gravion durchquert, bevor es mit einem anderen Gravion zusammentrifft, ist also die charakteristische Reichweite der Gravitation in Le Sage-Modellen. Die Reichweite ist augenscheinlich sehr groß, da wir - worauf Van Flandern hinweist - die Schwerkraft praktisch ungemindert wirksam sehen mindestens in der Größenordung von Kugelsternhaufen. Weniger sicher seien die Kenntnisse über Schwerkraftwirkungen im Maßstab von Galaxien oder Galaxienhaufen. Van Flandern schätzt die mittlere Weglänge der Gravionen als in der Größenordnung von einem Kiloparsec ein (PG 115). Ich selber gebe zu bedenken, dass das Mach-Prinzip, auf das ich noch zu sprechen komme, sogar Wirkungen innerhalb des ganzen Kosmos voraussetzt, die durch die gegenseitige Streuung der Gravionen nur an Gerichtetheit, aber nicht wesentlich an ihrer gravitativen Stärke verlieren würden. Das würde erst geschehen, wenn sie in dichtere baryonische Partikel (z.B. Neutronen, Protonen oder größere Atomkerne) eindringen, die im atomaren und dann auch chemischen Verband miteinander größere und dichtere Agglomerationen gebildet haben. Solche Kollisionen betreffen aber immer nur eine begrenzte Anzahl von Gravionen, während ein großer Anteil von ihnen die Bahn ungehindert fortsetzen kann. Nur für diesen Anteil würde dann gelten, dass die Gravitation eine unbegrenzte Reichweite hat, während diejenigen Gravionen, die auf irgendetwas auftreffen, entweder in eine neue Richtung abgelenkt werden oder aber mit dem Aufprall ihren Weg beenden und zugleich endgültig die von ihrer jeweiligen Quelle mitgegebene Botschaft überbracht haben (T. Van Flandern, PG 101).

Da die Gravionen wegen ihrer Kleinheit und ihrer großen Abstände voneinander und folglich wegen ihrer geringen Dichte sich als relativ isoliert voneinander und einzeln bleibende Korpuskeln (Le Sage, nach J. Evans, PG 25) ohne gegenseitige Behinderung in völliger Freiheit bewegen können, hängt es nur von ihrer Herkunft ab, in welchen Richtungen sie dies faktisch tun. Ohne die Herkunftsfrage schon jetzt diskutieren zu wollen (das soll ausführlich im Kapitel 8. geschehen), spricht viel dafür, dass die Gravionen wenigstens im Bereich unserer Milchstraße aus allen möglichen Richtungen herkommen und bei geradliniger Fortbewegung sich entsprechend in alle möglichen Richtungen weiterbewegen, wie schon Huygens in seiner Gravitationstheorie von 1669 (veröffentlicht 1687) vermutet hatte (van Lunteren, PG 48), und wie auch Fatio und später Le Sage in ihren Theorien betont hatten. Diese multidirektionale Ausbreitung ist zugleich auch stetig, in ihren Richtungen und in Ausmaß und Dichte praktisch gleichbleibend. Paul Stowe (PG 195) spricht daher von einem isotropen Flux der Gravionenausbreitung, dessen resultierende Strömungsrichtung und -stärke gleich Null sei. Nedelia Popescu-Adamut (The Electro-Thermodynamic Theory of Gravitation. PG 203) definiert die Strahlung als symmetrisch, homogen und isotrop. Die Isotropie erreicht maximale Grade allerdings nur im völlig leeren Raum, jedenfalls genügend weit entfernt von den Materie-Agglomerationen und Himmelskörpern (M. R. Edwards, PG 139; K. E. Veselov, PG 172), die von der Strahlung schließlich erreicht werden, und auch entfernt von den bestimmten Arten solcher Himmelskörper, von denen die Gravionenstrahlung einmal ausgegangen war und immer wieder neu ausgeht. Dass die von Le Sage noch als ultramundan oder von anderen als ultrakosmisch angesehene Gravionenstrahlung doch wahrscheinlich eher eine infrakosmische ist, soll uns erst am Ende dieser Abhandlung näher beschäftigen. Immerhin haben schon vor Le Sage einige Forscher, anfangs auch Newton, vermutet, dass die Gravitation auf Impulse aus dem Raum zurückzuführen ist. Und H.-H. v. Borzeszkowski und H.-J. Treder (PG 268) betonen, dass nach der Theorie von Le Sage der Raum mit Partikeln gefüllt ist, die aufgrund ihrer Massen und Geschwindigkeiten eine Kraft ausüben auf alle Körper, auf die sie auftreffen – falls sie dies tun.