3.6.6. Mögliche Kollisionseffekte: elastische Reflexion, Streuung, Absorption?

Wir gehen also von der Annahme aus, dass es eine aus allen Richtungen des Raumes herkommende Gravionenstrahlung gibt, die insoweit einer kosmischen Hintergrundstrahlung entspricht. Von diesen unzählig vielen Gravionen treffen einzelne auf Massenkörpern auf und wirken in geringem Maße auf diese ein. Was geschieht nun bei und nach dieser Kollision im einzelnen? Bei dieser Frage erinnern wir uns an die alten Vorstellungen einer mechanistischen Physik, dass alle Naturphänomene nur erklärt werden können als Effekte der Art, dass Materieteilchen oder Körper einander berühren und dabei aufeinander einwirken. Lassen wir in der Erörterung unseres Modells zunächst unbeachtet, dass die überwiegende Mehrzahl der Gravionen die ihr im Wege stehende "poröse" Materie ohne Behinderung und Impulsverlust durchquert. Aber ein kleiner Anteil der Gravionen wird eben doch mit Materie kollidieren.

Wenn solche Kollisionen von Gravionen mit Massenkörpern bzw. ihren baryonischen Partikeln vollkommen elastisch wären, die Gravionen also ohne Energieabgabe total reflektiert würden und zurückprallten, bliebe deren Impuls (Masse x Geschwindigkeit) erhalten, und auf den Massenkörper würde keine gravitative Restwirkung ausgeübt. Daher nahm schon Le Sage an, dass die gravitativ wirksamen Kollisionen unelastisch sein müssten, dass also die kollidierten Partikeln entweder abgelenkt würden und dadurch gebremst sich mit verringerter Geschwindigkeit fortbewegen würden, oder aber an den "Stangen" der "käfighaften" Materie-Einheiten fest haften würden. Schon vor ihm ging Nicolas Fatio de Duillier (1690) davon aus, dass die Schwerkraft durch unelastische Kollisionen von Äther-Partikeln mit Materie verursacht würde, und zwar nicht nur mit massiven Körpern wie der Erde und den Himmelskörpern, sondern auch mit "les Atomes qui les composent", also ihren atomaren Bestandteilen (E. J. Aiton, PG 63). Kelvin (1824 - 1907) wandte allerdings ein, dass auch elastische Kollisionen als Ursachen für gravitative Wirkungen denkbar seien, falls die kinetischen Energien der Gravionen nach der Kollision auf die Modi einer Vibration oder Rotation übergehen würden. Auf diese Weise bleibe die Gesamtenergie des Systems erhalten. G. H. Darwin (1905) meinte dazu, dass Newtons Gesetz nur dann seine Geltung behalten könne, wenn Kelvins Kompensations-Mechanismen wirksam würden und dadurch die Gravionen nach der Kollision ihre gesamte kinetische Energie auf den starren Körper abgeben würden. Ich zitiere diese Überlegungen aus dem Beitrag von M. R. Edwards (PG 68 - 70), bin mir allerdings nicht sicher, ob ich sie ganz korrekt wiedergegeben habe. Der interessierte Leser möge dies an der angegebenen Stelle überprüfen.

Normalerweise müssten gravitative Wirkungen aber von zumindest teilweise unelastischen Kollisionen verursacht werden, wie schon Le Sage spekulierte. T. Van Flandern (PG 114) geht dementsprechend davon aus, dass die Gravionen bei den Kollisionen teilweise gestreut und teilweise von der Materie aufgenommen und absorbiert würden. Vor allem bei der Absorption verlieren sie ein Maximum an Geschwindigkeit und tragen damit entweder zur Beschleunigung oder zur Temperaturerhöhung der zusammengepressten Materie bei. Auf die Absorption folgend könne ein Teil der aufgenommenen Energie dann auch wieder ausgestrahlt werden, beispielsweise als Photonen (PG 115). Zwischen dem freien Durchgang von Gravionen durch die Materie und der totalen Absorption durch sie gibt es in den Überlegungen der Gravionen-Theoretiker offenbar alle Varianten und Kombinationen. So meinen Radzievskii und Kagalnikova (PG 80), dass die Materie die Gravionen nur gering behindere. Immerhin erführen sie dabei so etwas wie Reibung, mit der Folge, dass sie an Geschwindigkeit verlören und ihr Bewegungsimpuls geringer würde. Die Impulsverringerung hänge ab von seiner Anfangsgröße, von der Dichte der Materie und von der durchschnittlichen Weglänge eines Gravions innerhalb des Körpers (PG 80).

Ebenso wie die vorgenannten Autoren (PG 81) geht auch T. Van Flandern (PG 103) der Frage nach, was geschehen würde, wenn Gravionen nach ihrer Absorption nicht wieder ausgestrahlt würden. Wenn die Massenkörper auf solche Weise ständig weitere Gravionen "ausschöpften", könnte das Universum dann zunehmend von Gravionen entleert werden und die Gravitationskonstante könnte über größere Zeiträume immer kleiner werden. Bei solchen Prognosen wäre allerdings nicht in Rechnung gestellt worden, dass auf diese Weise "abgeschöpfte" Gravionen vielleicht doch wieder ständig durch neue ersetzt werden, etwa wenn diese in kosmischen Katastrophen wie (Super-)Nova-Explosionen wieder freigesetzt werden. Es muss ja ohnehin die Frage beantwortet werden, wie die isotrop durchs Weltall jagenden Gravionen einmal entstanden sind, zumindest von welcher Art Massenkörper sie einmal ihren Ausgang genommen haben. Diese Frage soll uns aber erst am Ende unserer Überlegungen beschäftigen.

Auf dieser Basis (minimale Größe und maximale Geschwindigkeit der Gravionen, „Porosität“ der Materie) möchte ich nun im Folgenden eine Abfolge von Modellannahmen - vom einfachsten Modell bis hin zu komplexeren Szenerien - durchspielen, um damit, von den bisher vorgetragenen Vorannahmen über Größe, Bewegungsrichtung und Geschwindigkeit der Gravionen ausgehend, ihre gravitativen Effekte ableiten zu können. Ich beginne die Darlegung meines eigenen theoretischen Ansatzes, die Gravitation als Effekt einer "vis a tergo" zu erklären, am besten mit einem relativ einfachen Gedankenexperiment, in dem mehrere Schritte aufeinander aufbauen.