3.9.3. Strukturbildungen im Kosmos: Filamente zwischen Galaxienhaufen

Ich will mich nun doch wieder stärker einer gewissen geistigen Disziplin befleißigen und werde meine Spekulationen mit dem konfrontieren, was die Astronomen vor allem in den letzten Jahrzehnten über den mutmaßlichen Gang der Kosmogonie herausgefunden haben. Die inzwischen erschlossene Dynamik von Fixstern- und Galaxien-Bewegungen im Weltall war in alten Zeiten noch nicht bekannt. In unserem Sternenhimmel wurde seit alters her nur zwischen Wandelsternen (Sonne, Mond und Planeten) und Fixsternen unterschieden. Die letzteren galten allerdings nicht als fix im heutigen Sinne von "schnell, geschickt, gewandt", sondern noch in der alten Bedeutung von "unbeweglich, fest(stehend), wörtlich: angeheftet" (lat. fixa stella). Nur von der Sonne, dem Mond und auch den Planeten wusste man, dass sie sich am Himmelsgewölbe auf komplizierten Bahnen bewegten.

Erst im vergangenen Jahrhundert kam Bewegung in den Fixsternhimmel: 1929 machte der US-amerikanische Astronom Edwin Hubble (1889 - 1953) die Entdeckung, dass das Spektrum des Lichts von Sternen oder Galaxien mit zunehmender Entfernung dieser Strahlungsquellen von der Erde dem irdischen Beobachter in geringeren Frequenzen erscheint, also vom bläulich-weißen Licht in Richtung auf schließlich rötlichere Töne verschoben. Diese Rotverschiebung wurde als Effekt des schon bekannten Doppler-Prinzips verstanden, das im Bereich der Schallwellen dazu führt, dass die Sirene eines sich dem Beobachter nähernden Feuerwehrwagens von dem Moment an, wenn er an ihm vorbeifahrend sich wieder von ihm entfernt, von ihm in einer tieferen Tonlage gehört wird als vorher. Das im Prinzip gleichartige Phänomen der astronomischen Rotverschiebung legte den Schluss nahe, dass die außergalaktischen Sternsysteme sich von uns (von unserer Sonne bzw. Milchstraße) weg bewegten, und zwar die entferntesten am schnellsten, insgesamt in einer Fluchtbewegung, die linear mit der Entfernung des Sternsystems vom Beobachter an Geschwindigkeit zunimmt.

Diese Feststellung wiederum erlaubte den Rückschluss auf den Startpunkt und die Startzeit der zentrifugalen Bewegung der Galaxien: In einer etwa 13 Milliarden Jahre zurückliegenden Zeit mussten alle diese auseinanderstrebenden Sternsysteme in einem zentralen Punkt konzentriert gewesen sein, der dann in einer gigantischen Explosion ("Big Bang") den Anfang setzte für die heute beobachtbare Flucht der Galaxien. Chr. v. Mettenheim (Popper versus Einstein, S. 178 ff.) hat sich eingehend mit einigen Schwächen dieser Theorie auseinandergesetzt und ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass die "Big Bang"-Hypothese unhaltbar sei und aufgegeben werden müsse (S. 183). Problematisch war wohl schon die ursprüngliche Fassung dieser Hypothese. Es war ohnehin schwierig zu erklären, wie es dazu gekommen sein mag, dass nach einer kurzzeitigen, ja fast momentanen Explosion die expandierende Materie sich - frei von Wirbeln und Konvektionen - so sortierte, dass eine Außenschicht von viel schneller expandierender Materie zuerst startete und von jeweils langsamer sich bewegender Materie gefolgt wurde, denn nur auf diese Weise konnte sich die streng lineare Abhängigkeit der Fluchtgeschwindigkeit von der Entfernung schon vom Start weg ergeben. Wenn man das Explosionsgeschehen zurückverfolgte, musste es im Zentrum der Explosion weiterhin Materie geben, die sich nur sehr langsam oder gar nicht vom Explosionsherd weg bewegt hatte. Chr. v. Mettenheim hat sich in seinem Buch mit diesen und anderen Fragwürdigkeiten der "Big Bang"-Theorie sehr differenziert auseinandergesetzt.

Inzwischen ist aber schon mehr über den Gang der Kosmogonie erforscht worden. Im Folgenden gebe ich einige Informationen und Überlegungen von F. S. Stoehr und S. D. M. White wieder ("Ballett der Galaxien - Strukturentstehung im Universum", in: Gravitation, Sonderheft Special 6 von "Sterne und Weltraum", Mai 2001, G 84 - 95). Ohne sich auf einen Zeitpunkt für den "Urknall" festzulegen - es gibt Schätzungen zwischen 13 und 18 Milliarden Jahren vor unserer Zeit - setzen die Autoren ihn doch voraus, begründet in der Rotverschiebung von Spektren entfernter Galaxien und als Ausgangspunkt der daraus erschlossenen Fluchtbewegung nach außen. In der ersten Phase bis etwa 300 000 Jahre nach diesem Anfang bestand die durch die primäre Nukleosynthese gebildete Materie noch aus einem ursprünglichen Gasgemisch vor allem aus Wasserstoff und Helium, zunehmend durch Spuren von Deuterium, Beryllium, Lithium und Bor ergänzt. Aber diese und später weitere Elemente machten nur einen kleinen Teil der gesamten Materie des Weltalls aus. Man nimmt heute an, dass zusätzliche 90 % der baryonischen Materie in einer noch völlig unbekannten exotischen Form vorliegen, die sich allein durch ihre Gravitation bemerkbar macht. Sie wird deshalb "dunkle Materie" genannt (Stoehr und White, G 89). Insgesamt war die normale und die "dunkle" Materie im Universum ursprünglich noch nahezu gleichmäßig verteilt und auch in ihrer chemischen Zusammensetzung weitgehend homogen. Für die noch gleichmäßige Verteilung spricht, dass die kosmische elektromagnetische Hintergrundstrahlung, die auf Prozesse in diesen so weit zurückliegenden Zeiten zurückgeführt wird, aus allen Richtungen die gleiche Stärke hat, bis auf kleine Temperaturschwankungen mit Abweichungen von einem zehntel Prozent. Die Hauptursache dieser geringen Abweichungen ist aber offenbar "die Eigenbewegung der Erde gegenüber der allgemeinen Expansion des Universums, hervorgerufen durch die Massenanziehung der Sonne, der Milchstraße und der anderen Galaxien unserer kosmischen Nachbarschaft. Zieht man diese Effekte ab, betragen die Temperaturschwankungen nur noch ein tausendstel Prozent" (F. S. Stoehr und S. D. M. White, G 90). Das ist noch einmal ein triftiger Beleg für die Existenz eines absoluten kosmischen Bezugssystems, das an anderer Stelle (6. 9.) eingehend diskutiert wurde. Hinzu kommt die Erkenntnis (das aufregendste Ergebnis des Ballonexperiments Boomerang April 2000!), dass das Universum wohl nicht gekrümmt, sondern flach ist (F. S. Stoehr und S. D. M. White, G 90) und dass es in euklidischer dreidimensionaler Geometrie darstellbar ist. Die beschriebene Homogenität der Materie gilt großräumig offenbar bis heute, jedenfalls wenn man Bereiche von über 30 Millionen Lichtjahren betrachtet (Stoehr und White, G 86).

Die seit etwa 300 000 Jahren nach dem "Urknall" sich verstärkenden Schwankungen der Materiedichte sind offenbar letztlich verantwortlich für die Entstehung von Strukturen im Universum. Im einzelnen können schon früh Irregularitäten aufgetreten sein. So sind die von uns aus gesehen fernsten und zeitlich ersten Galaxien im Vergleich zu den uns nahen Welteninseln kleiner und haben unregelmäßigere Formen in der Art von Nebeln oder Wolken, in denen sich relativ schnell neue Sterne bilden. Chr. Drösser (DIE ZEIT. 12. 6. 2003) berichtet, dass Astronomen bei der "deep field"-Untersuchung des in einer Umlaufbahn um die Erde kreisenden Hubble-Teleskops sich einen bisher "schwarzen" Ausschnitt des Himmels (im Sternbild des Großen Bären) vorgenommen hatten und ihn mit einer bis dahin nie erreichten Genauigkeit untersuchen konnten: "Bei diesem Blick in die Ferne (der zugleich mehr als zwölf Milliarden Jahre in die Geschichte des Alls zurückreicht) fanden sie mehrere tausend junge Galaxien aus der Kinderstube des Universums. Diese waren weit häufiger unregelmäßig geformt, als man bisher angenommen hatte". Das wird vom Autor als Hinweis dafür gesehen, dass es im frühen (noch weniger expandierten) Weltall oft zu Begegnungen und Kollisionen der Galaxien kam und dann durch die Vereinigung von mehreren kleinen Galaxien sich neue größere bildeten. Eine m.E. vielleicht plausiblere, an einer noch früheren Phase der Kosmogonie ansetzende Erklärung könnte die unregelmäßigen Formen darauf zurückführen, dass in der Entwicklung des Kosmos die auf kosmische Explosionen zurückzuführende Ausbreitung der Gravionen noch nicht oder erst langsam in Gang gekommen war und daher noch nicht zu der heute feststellbaren Geometrisierung kosmischer Materiemassen zu Kugeln, Linsen, Elliptoiden, Spiralen, Blasen und Filamenten geführt hatte. Die Materie war anfangs offenbar viel homogener und gleichzeitig noch viel weniger strukturiert, etwa wie in der irdischen Atmosphäre die Nebelschwaden und Wolken weniger strukturiert sind als die Wirbelstürme (Zyklone) und die großräumig um ein Tiefdruckzentrum sich drehenden Wetterfronten. So bildeten sich auch im Weltraum die anfänglich ungeformten Massenansammlungen erst unter dem Einfluss von zusätzlich von außen einwirkenden Gravionen zu den späteren geometrischen Formen und großräumigen Strukturen um. Das begann damit, dass von Massenagglomerationen und von Sternen mit höherer Dichte dann weitere Materie aus ihrer Umgebung gravitativ angezogen (in meiner Sicht: von Gravionen auf sie hin getrieben) wurde, und so verstärkten sich die anfänglich kleinen Schwankungen immer weiter (G 90). Durch das Verschmelzen von kleineren Strukturen bildeten sich dann größere: "Die sich im Verlauf der Strukturentstehung bildenden Ansammlungen von Dunkler Materie sind die Keime der Galaxiengeburt. Sie ziehen das Gas an, das dann zu dichten Wolken kondensiert, in denen schließlich Sterne entstehen" (G 93).

Mit der Frage, wie Sterne neu entstehen, befasst sich eingehender die Astrophysikerin Kimberley Weaver in ihrem Beitrag über "Galaxien im Ausnahmezustand" (Spektrum der Wissenschaft Sept. 2003, S. 38 - 45). Sie diskutiert dabei vor allem die möglichen Zusammenhänge zwischen zwei schon je für sich spektakulären Phänomenen des Universums: den auf bemerkenswert enge Bereiche der Galaxien begrenzten aktiven Galaxienkernen und den über weite Regionen der jeweils selben Galaxie ausgedehnten "Starbursts", das sind hell leuchtende Zonen mit besonders hoher Geburtenrate neuer Sterne (S. 38 - 40). In beiden Fällen werden ungeheure Energien freigesetzt, die andere Phänomene des Weltalls im wörtlichsten Sinne "in den Schatten stellen". So können Quasare, die zu den hellsten aktiven Galaxienkernen zählen, die milliarden- bis billionenfache Leuchtkraft der Sonne haben und somit das Sternenlicht ihrer Wirtsgalaxien völlig überstrahlen. Und Starbursts können einer Galaxie eine enorme zusätzliche Leuchtkraft verleihen, wenn in ihnen jährlich bis zu tausend neue Sterne entstehen, während normale Galaxien wie unser Milchstraßensystem im Mittel nur einen neuen Stern pro Jahr hervorbringen (S. 40). Manchmal ist ein Starburst auf eine nur wenige hundert Lichtjahre große Region - meist nahe dem Zentrum der Galaxie - beschränkt; in anderen Fällen erstreckt er sich über Zehntausende von Lichtjahren, also in 100facher Ausdehnung. Beide Phänomene, die Aktivitätszunahme von Galaxienkernen und die gleichermaßen zeitlich begrenzte Starburst-Aktivität, spielen sich oft in voneinander weit entfernten Gegenden einer Galaxie ab.

Doch nach und nach häuften sich die Indizien für einen Zusammenhang zwischen beiden: In den letzten 10 Jahren mussten die Wissenschaftler erstaunt feststellen, dass die zentrale Aktivität eines Galaxienkerns häufig mit einer stark erhöhten Sternbildung weiter draußen in derselben Galaxie einhergeht (S. 39). Obwohl die Aktivitäten von Galaxienkernen und die Starbursts von anscheinend grundverschiedenen Prozessen herrühren, ist ihr in vielen konkreten Fällen gemeinsames und annähernd gleichzeitiges Auftreten offenbar kein Zufall, wie Kimberley Weaver betont. Nach ihrer Darstellung ist die Koinzidenz einer starken Aktivität von Galaxienkernen mit einer stark erhöhten Sternentstehungsrate heute ein intensiv bearbeitetes Forschungsfeld: Astronomen erkunden gezielt, wo im Universum beide Phänomene gemeinsam auftreten, und da sie annehmen, dass es eine ursächliche Verbindung zwischen ihnen gibt, versuchen sie herauszufinden, worin diese Verbindung bestehen könnte. Nach inzwischen gründlicher Erforschung dieses Problems hat sich allmählich die Überzeugung verstärkt, dass es einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Starbursts und aktiven Galaxienkernen geben könnte (S. 40).

Die Autorin stützt ihre Zusammenhangsvermutung zunächst einmal mit mehreren Befunden (S. 41 f.). So befinden sich in Aufnahmen naher Galaxien der aktive Kern und die Starbursts oft direkt nebeneinander. Interessant ist auch der Hinweis der Autorin, dass in dem nur 24 000 Lichtjahre entfernten Zentrum unserer eigenen Milchstraße womöglich einst ein Zusammenhang zwischen Kernaktivität und Starbursts bestand. Obwohl in der Zentralregion unserer Galaxis derzeit kein Starburst erkennbar ist, deuten einige junge Sternhaufen darauf hin, dass dort vor einigen Millionen Jahren die Sternbildungsrate deutlich erhöht war (S. 42). Die Autorin geht der Frage nach der Ursache solcher Zusammenhänge nach und diskutiert vier Möglichkeiten, die ich hier aber nicht im Einzelnen referieren möchte, da sie m.E. nicht eindeutig einander ausschließen und sich auf verschiedene Entwicklungsphasen des Universums beziehen lassen und daher im Zusammenhang damit besser einzuordnen sind. K. Weaver bietet selber einige Hinweise dafür, die ich im Folgenden aufgreifen werde.

In leichter, von mir jeweils angemerkter, Abänderung der von der Autorin vorgetragenen Argumentation möchte ich den Ablauf der kosmologisch rekonstruierten Ereignisse folgendermaßen darstellen: Ich schicke zunächst voraus, dass das Vorhandensein von massereichen Materiewolken eine erste Voraussetzung für alles Weitere ist. Auch Kimberley Weaver geht von einem sehr frühen Entwicklungsstadium aus, in dem die Zentralgebiete größerer kosmischer Systeme, etwa von molekularen Nebeln und Dunkelwolken, Milliarden Sonnenmassen an kaltem Gas enthielten (S. 42). Eine zweite Vorbedingung sehe ich selber in den gravitativen Effekten einer Gravionenstrahlung. Diese beiden Bedingungen wirken nun in meiner Sicht so zusammen, dass die Materiewolken trotz ihrer insgesamt vergleichsweise geringen Dichte schon durch ihre Größe erste Ansätze zur gegenseitigen gravitativen Abschattung verschiedener Bereiche zeigten.

Dann kam es, wie die Autorin näher ausführt, zu ersten örtlichen Materieverdichtungen und zur Sternbildung (zu "Starbursts") in begrenzten Zonen solcher Wolken. Von dem um diese Zonen herum durch Gravionenstrahlung "leer gefegten" Raum haben sich dann in Zentren der Sternentstehung erste primitive Galaxien abgehoben. In den frühen Entwicklungsphasen der Galaxienentstehung haben sich womöglich die Starbursts weitaus zahlreicher ereignet als heute. In den Starburstzonen bildeten sich vergleichsweise dichte Sternhaufen, in denen es dementsprechend häufig zu Kollisionen kam. Dabei konnten unter besonderen Bedingungen die massereichsten Sterne zu kompakten Neutronensternen und ersten stellaren (zunächst noch einem übergroßen Einzelstern entsprechenden) Schwarzen Löchern kollabieren (S. 44). Diese wiederum wurden zu Zielpunkten von weiteren Verdichtungen innerhalb der Materieansammlungen. Beim Kollaps zu überdichten Sternen kam ins Spiel, dass dieser seinerseits mit vom jeweiligen Zentrum ausstrahlenden Stoßwellen verbunden war, in denen die aus der extrem verdichteten Materie des Kerns freigesetzten hochenergetischen Korpuskularstrahlen (H. Sch.: darunter auch Gravionen!) sich zentrifugal ausbreiteten. Dann kollidierten die Stoßwellen mit den schon vorverdichteten Materiewolken, die schon zuvor von der peripheren isotropen Gravionenstrahlung zentripetal gegen die Vorläufer der dann kollabierenden Riesensterne getrieben worden waren. Die zentripetale Gravionenstrahlung von außen und die zentrifugalen Stoßwellen von innen führten dann im Gesamtergebnis zu Materieverdichtungen innerhalb einer vom kollabierenden Stern expandierenden Kugelschale, ggf. auch in bogenförmigen Filamenten.

Ich möchte an dieser Stelle auf eine weitere mögliche Auswirkung solcher Prozesse hinweisen: Da die Bildung Schwarzer Löcher mit dem Abstrahlen von Gravionen verbunden sein konnte, konnten diese wiederum anderenorts, auch in der nächsten Umgebung innerhalb einer Materiewolke, zur Bildung weiterer Sterne und darüber hinaus weiterer Schwarzer Löcher beitragen, was im Endeffekt zu einem gegenseitigen Druck auf Verklumpung und Verdichtung innerhalb der Materiewolken führen musste. Andererseits konnte ein inzwischen stabiles stellares Schwarzes "Loch" noch weiter wachsen, indem es kontinuierlich Gaswolken und einzelne Sterne und schließlich Sternhaufen aus seiner Umgebung "verschluckte". Auf solche Weise zustande gekommene massereichere Sterne sind der Ausgangspunkt für die weitere Argumentation der Autorin. Sie geht davon aus, dass diese Sterne dann ihrerseits die Tendenz haben, sich gravitativ einander anzunähern und schließlich zu Schwarzen "Löchern" von nunmehr noch größerer, im Gesamtvergleich aber mittlerer Masse zu verschmelzen.

So gibt es laut K. Weaver Hinweise auf eine neue Klasse Schwarzer "Löcher" mittlerer Masse in den Zentren von zwei Kugelsternhaufen, M 15 und M 31-G1: "Es könnten auch Ansammlungen von Neutronensternen und kleineren Schwarzen Löchern sein. Doch über kurz oder lang sollten sich daraus Schwarze Löcher mittlerer Masse entwickeln. Ihre Masse könnte zwischen einer zehn- bis mehrhundertfachen Masse eines durchschnittlichen Sterns betragen". Und falls sie sich zu strahlungsaktiven Galaxienkernen entwickeln, könnte deren Strahlungsleistung, etwa als überleuchtkräftige Röntgenquellen naher Galaxien erkennbar, ein ebenso hohes Ausmaß erreichen. Die Autorin bemerkt dazu ergänzend: "Befinden sich (sonnenähnliche Sterne) in einem dichten Sternhaufen, so können sich durch aufeinander folgende Kollisionen Megasterne mit dem Mehrhundert- bis Tausendfachen der Sonnenmasse bilden. Diese enden wiederum als Schwarze Löcher. Der gesamte Vorgang würde etwa 100 Millionen Jahre dauern. Das ist deutlich geringer als die Lebensdauer von Galaxien und kurz genug, um das Vorhandensein der frühesten Quasare erklären zu können ... Über die Jahrmillionen hinweg kann sich so ein Schwarzes Loch ungeheurer Masse entwickeln" (S. 44).

K. Weaver illustriert dies mit eigenen Beobachtungen (S. 45): "Wir entdeckten fünf ultraleuchtkräftige Röntgenquellen innerhalb von (H. Sch.: nur!) 3000 Lichtjahren Abstand zum Zentrum der (Starburst-Galaxie) NGC 253. Eine von ihnen, die direkt im Zentrum liegt, ist etwa hundertfach heller als ein Neutronenstern oder ein (zeitweise leuchtaktives stellares) Schwarzes Loch, was auf eine Größe von etwa 100 Sonnenmassen schließen läßt. Es könnte sich um ein Objekt handeln, das sich gerade zu einem typischen aktiven Galaxienkern entwickelt". So erscheint das allmähliche Wachstum von Neutronensternen und stellaren Schwarzen Löchern in Richtung auf Schwarze Löcher mittlerer Größe als ein Zwischenschritt, der schließlich zu noch größeren Materiekonzentrationen führen kann. Schwarze Löcher würden dann allmählich in das Zentrum ihrer Galaxie wandern, um dort zu einem extrem massereichen Super"loch" zu verschmelzen. Diese Vorstellung wird nach K. Weaver untermauert durch Beobachtungen der Galaxie NGC 6240, in der zwei Schwarze Löcher einander eng umkreisen und in nicht sehr ferner Zukunft miteinander verschmelzen werden (S. 44). Die Autorin ergänzt: "Selbst (H. Sch.: zunächst noch) fernere Sternhaufen können zum Wachstum des Lochs beitragen. Denn durch Reibungsprozesse, die auf der dynamischen und gravitativen Wechselwirkung mit der gesamten Galaxie beruhen, verlieren diese Haufen kinetische Energie und Drehmoment. So driften sie allmählich nach innen und die Gezeitenkräfte ziehen sie immer weiter (H. Sch.: in Richtung auf den Schwarzen Kern) auseinander. Im Laufe von Jahrmilliarden kann auf diese Weise eine Materiemenge von einigen 10 Millionen Sonnenmassen in das zentrale Loch stürzen" (S. 44). Dies geschieht jedes Mal mit höchst intensiven Begleiterscheinungen, die insgesamt zur Leuchtkraft eines dann "aktiven Galaxienkerns" beitragen. Wenn nämlich Materiewolken und Sternansammlungen in Richtung auf ein zentrales Schwarzes "Loch" getrieben werden und auf dieses auftreffen, hat dies gewaltige Strahlungsausbrüche zur Folge, die das auffälligste Phänomen des aktiven Galaxienkerns ausmachen.

"Aktive Galaxienkerne" sind sehr kompakte Quellen einer überaus starken Strahlung, die dadurch zustande kommt, dass Materie von Gravitationskräften auf ein extrem massereiches Schwarzes "Loch" im Zentrum der Galaxie getrieben wird und dann verschiedene Arten von hochenergetischen Partikeln aussendet. Die Masse eines Schwarzen "Lochs" im Zentrum eines aktiven Galaxienkerns kann das Millionen- bis Milliardenfache der Sonnenmasse ausmachen. Die dennoch extreme Kompaktheit der zentralen Schwarzen "Löcher" zeigt sich darin, dass einzelne der mit ihnen verbundenen aktiven Galaxienkerne ihre Leuchtkraft binnen weniger Minuten in erheblichem Maße verändern können. Der Durchmesser der ihre Strahlung emittierenden Bereiche kann demnach höchstens einige Lichtstunden betragen (S. 40). Die gewaltige Strahlenleistung der aktiven Galaxienkerne entsteht im inneren Bereich einer um das Schwarze "Loch" herum ausgebildeten Akkretionsscheibe, die kleiner ist als unser Sonnensystem. Neben energiereicher Gamma- und Röntgenstrahlung setzen die aktiven Galaxienkerne auch alle Formen langwelligerer elektromagnetischer Strahlung frei: Ultraviolettes, sichtbares und infrarotes Licht sowie Radiostrahlung (S. 40) und, ich ergänze: wahrscheinlich auch Gravionenstrahlung.

Sobald der Galaxienkern in dieser Weise Strahlungsaktivität entwickelt hat, gehen von ihm Jets (gebündelte Plasmastrahlen) und radial sich ausbreitende Stoßwellen aus, die das interstellare Gas in Bewegung setzen. In der Stoßfront eines Jet oder auch ringsum in der Kugelschale um das Schwarze "Loch" staut sich das Gas und wird verdichtet. K. Weaver verdeutlicht dies mit einem Beispiel (S. 43): Die nahe Radiogalaxie Centaurus A, die eine extrem hohe Sternentstehungsrate aufweist, hat wahrscheinlich vor etwa 10 Millionen Jahren einen gewaltigen Aktivitätsausbruch ihres Kerns erlebt. Um den Kern herum erstreckt sich inzwischen ein Ring (oder eher eine Kugelschale?) von etwa 25 000 Lichtjahren Durchmesser. Der Ring ist überlagert mit bogenförmigen Gebieten voller junger Sterne. Der Ring könnte eine Stoßfront sein, die auf den Ausbruch zurückgeht und Materiewolken nach außen trieb, die zuvor wegen gravitativer Abschattungseffekte aus der Peripherie auf das Schwarze "Loch" hin getrieben worden waren, wobei beide Einwirkungen zusammenwirkend in einer kugelschalenförmigen Verdichtung resultierten. Solche Zusammenhänge zwischen aktiven Galaxienkernen und Starbursts lassen sich nach Aussage der Autorin über weite Abschnitte der bisher erschließbaren Geschichte des Universums verfolgen. So zeigen Beobachtungen von Galaxien in Entfernungen von über 10 Milliarden Lichtjahren, dass es im jungen Universum einen noch engeren Zusammenhang zwischen Starbursts und den ersten aktiven Galaxienkernen gab.

Auch durch eine Wechselwirkung oder gar Verschmelzung einer Galaxie mit ihrer Nachbargalaxie kann es zu gravitativen Störungen kommen, die sogar noch effektiver als in den bisher beschriebenen Fällen Materie in das eine oder das andere galaktische Zentrum treiben können (S. 44), was dann schließlich zur Bildung eines Quasars (eines quasistellaren - sternähnlichen - Objekts) beitragen kann. Wenn auf solche Weise das zentrale Schwarze "Loch" einer der beiden Galaxien mit der Materie einer ganzen Nachbargalaxie "gefüttert" wird, entwickelt sich daraus sogar ein über alle Maßen extrem massereiches Schwarzes "Loch": "Die Zeit, die dafür benötigt würde, ist mit etwa 10 Millionen Jahren ebenso lang wie die typische Lebensdauer eines Starbursts" (S. 43). Tatsächlich könnte die Wechselwirkung zweier Galaxien durch Störungen des Gasgefüges auch einen Starburst auslösen (S. 40): "Häufig finden sich solche verstärkten Sternentstehungsprozesse in Paaren oder Gruppen von Galaxien, die sich mit ihrer Schwerkraft wechselseitig beeinflussen, miteinander verschmelzen oder einem solchen Vorgang kürzlich ausgesetzt waren. Die dabei wirkenden Gezeitenkräfte durchmischen das interstellare Gas und führen einen Teil davon den Galaxienzentren zu. (Das) begünstigt in einigen Regionen den gravitativen Kollaps von Gaswolken und leitet so die Bildung neuer Sterne ein. Dieser Prozess dauert rund 10 Millionen Jahre (H. Sch.: das entspricht etwa der Zeit der Menschwerdung - so kurz nur!), dann ist der Vorrat an interstellarem Gas aufgebraucht. Auch die Wechselwirkungs- oder Verschmelzungsdauer zweier Galaxien ist ungefähr von dieser Größenordnung (S. 43), was insgesamt dafür spricht, dass die Verschmelzung zweier oder gar mehrerer Galaxien sowohl die Bildung aktiver Galaxienkerne bis zum superschweren Schwarzen "Loch", als auch die massenhafte Entstehung neuer Sterne aus den umgebenden Gaswolken begünstigt.

Bevor der in aktiven Galaxienkernen kulminierende Prozess abgeschlossen ist, führt die gravitative Wirkung des zentralen Schwarzen "Lochs" somit zunächst zu immer neuen Konzentrationen von Gas im Zentralbereich der Galaxie, wodurch dort auch die Sternentstehung vorübergehend verstärkt wird. Viele nahe Galaxien mit aktivem Kern zeigen in zentralen Bereichen noch über längere Zeit "dichte, mit Staub gefüllte Gaskonzentrationen ... , die von weiter außen stammen könnten" (S. 43). Wenn allerdings eine solche Zufuhr von weiterer Materie versiegt, geht auch die Strahlungsaktivität des Galaxienkerns auf Null zurück, und der Kern reduziert sich auf ein "Schwarzes Loch", das seinem Namen wieder mehr Ehre macht, weil es keine Strahlung mehr emittiert, sondern vielmehr alle von außen eintreffende Strahlung jeder Art ohne Reflexion in sich aufnimmt und (wie in einem "Loch") auf Nimmerwiedersehen verschwinden lässt (also „schwarz“ ist).

Abschließend (S. 45) stellt K. Weaver fest, dass der Zusammenhang zwischen Starbursts und aktiven Galaxienkernen zwei Extreme der kosmischen Entwicklung miteinander verknüpft. Während Starbursts die ggf. massenhafte Geburt von in ihrer Größe begrenzten Himmelskörpern darstellen, repräsentieren aktive Galaxienkerne den Anfang vom Ende ganzer Galaxien oder sogar Galaxienhaufen: " ... denn nichts kann den Sturz in ein Schwarzes Loch rückgängig machen. Zwischen diesen beiden Extremen finden all jene Entwicklungsschritte statt, die eine Galaxie - und damit auch unser Milchstraßensystem - durchläuft" (S. 45). Ich bin geneigt, diese Aussage noch zu erweitern und zu verschärfen: Beide Phänomene, die Starbursts und die aktiven Galaxienkerne, sind Folgen von Gravionenwirkungen. Diese haben nicht nur von Anfang an zur massenhaften Entstehung einzelner Sterne (zu Starbursts) beigetragen, sondern bedingen in mittleren kosmischen Größenordnungen auch das gleichzeitige Aufkommen von aktiven Galaxienkernen. Sie führen schließlich zur endgültigen Entmischung der kosmischen Materie in einerseits superschwere und maximal dichte Schwarze Kerne und in andererseits materiearme kosmische Weiten, die sich zwischen diesen isolierten Welteninseln erstrecken. Die mit diesen Sätzen angedeutete zukünftige Entwicklung des Universums bedarf einer ausführlicheren Begründung, die im nächsten Kapitel dargestellt werden soll.

Auf der Basis aktueller kosmologischer Forschungsergebnisse erstellten Stoehr und White (G 84 - 94) ein Computer-Modell mit visueller Simulation der mutmaßlichen Vorgänge bei den Strukturbildungen im Universum, noch klassisch beginnend mit dem "Urknall" vor rund 13 Milliarden Jahren und nach Ablauf einer anfänglichen Phase der Expansion dann fortgesetzt bis etwa zum heutigen Zustand. In den von ihnen hergestellten visuellen Modellen der Materieverteilung des Universums bezeichnen helle Stellen die Ansammlungen von Dunkler Materie, wobei die kleinsten im Bild erkennbaren Objekte etwa dem "Halo" unserer Milchstraße entsprechen, das sind dichte Wolken aus dunkler Materie, die unsere Galaxie umgeben. Die größten Objekte auf den Abbildungen entsprechen Galaxienhaufen von über 1015 Sonnenmassen. Zwischen diesen erstrecken sich netzartige Strukturen, die intergalaktischen Filamente, die in den Modellbildern natürlich zweidimensionale Projektionen von dreidimensionalen Gegebenheiten sind, welche in Wirklichkeit eher den Charakter von schaumartig aneinander angrenzenden Blasen, die große Leerräume umgeben, und erst sekundär von Strängen aus Materie haben. Kugeln, Blasen und Stränge sind nun einmal die einfachsten Formen, die sich aus dem Weiterwirken isotroper Strahlung auf schon inhomogener gewordene Materieansammlungen ergeben können, und so sind solche Strukturen in den späteren Stadien der Computersimulation immer deutlicher zu erkennen. Die Kugelform ist m.E. das Ergebnis einer von außen aus allen Richtungen gleichermaßen einströmenden Gravionenstrahlung, während die Blasenform das Ergebnis einer mehr von innen nach außen wirkenden Strahlung ist, und die Blasenüberschneidungen und schließlich Stränge ("Filamente") sind quasi Kompromissbildungen zwischen diesen Effekten. Auf diese Weise ist das Universum, jedenfalls im kleineren Maßstab von unter 30 Millionen Lichtjahren, zunehmend inhomogener geworden und seine Ausdifferenzierung nimmt noch weiter zu.

Den Ausführungen von Stoehr und White (G 84) ist zu entnehmen, dass sich erst im Laufe von Milliarden Jahren im Weltall die Strukturen herausgebildet haben, die wir heute in ihm unterscheiden können: die leuchtenden Gaswolken, die großen elliptischen Galaxien, die zu den ältesten Galaxien gerechnet werden (G 94), die Zwerg-, Balken- und Spiral-Galaxien, die Galaxiengruppen und schließlich die Galaxienhaufen mit über 1000 Galaxien. Es sind auch schon Beobachtungen gemacht worden, die auf in Gang befindliche und auch abgeschlossene Kollisionen von Galaxien schließen lassen. Insgesamt ist aber mit einer weiteren Ausdehnung des Weltalls zu rechnen, und die Autoren Stoehr und White gehen davon aus, dass das Universum während dieser Ausdehnung sich immer weiter abkühlen wird: "der nukleare Brennstoff wird zur Neige gehen, und übrig bleiben schließlich tote Sterne, Schwarze Löcher, kaltes Gas und wahrscheinlich auch Dunkle Materie" (G 90). "Abkühlen" - "zur Neige gehen" - "tot" - "schwarze Löcher" - "kalt" - "dunkel", das klingt fast wie die Beschreibung eines Friedhofs bzw. einer Gruft. Aber diese düstere Prognose betrifft wohl eher die Randzonen als das Zentrum unseres Kosmos, denn im Zentrum kann sich noch einiges an sehr heißer Dramatik abspielen.