Mir ist die Besprechung dieses Buches nicht eben leicht gefallen. Ich habe es als Rezensent natürlich sehr aufmerksam gelesen, vom Anfang bis zum Ende und viele Passagen mehrmals. Aber der erste negative Eindruck kam schon beim Titel auf. Wen will Murauer damit ansprechen, zum Kauf und zum Lesen ermuntern? Zwar können Lateinkundige (es sind nicht mehr viele) in einem Curioso den Neugierigen erkennen (der nämlich nicht bloß „kurios“, also etwa seltsam oder sonderbar sein muss), in der Sapientia die Weisheit (und nicht irgendetwas Seifiges), im Fiat Lux das „Es werde Licht“ der Genesis und später der Aufklärung (und nicht die Konkurrenz zum VW Lupo!). Ohne solche Vorkenntnisse könnte ein prospektiver Leser den Titel eher als abschreckend denn als informativ empfinden. Auch der Untertitel lädt nicht gerade zum Lesen dieses Buches ein, denn was soll man unter einer „Bilderwelt“ der Philosophen verstehen? Ein sachlich angemessenerer Titel wäre: “Worüber Philosophen und Laien miteinander diskutieren, wenn der Tag lang ist“ (und wenn beim abendlichen geselligen Beisammensein nach der Vortragsreihe kein Diskussionsleiter Georg Batz - alias Georg Denk - mehr eingreift und eine größere Disziplin beim Diskutieren anmahnt!).
Eine Neuauflage des Buches mit neuem Titel (Gott und die chinesische Teekanne oder Diogenes wusch seinen Kohl. ISBN 3-8334-5128-9) hat einige der kritikwürdigen Passagen der ersten Auflage deutlich verbessert. Solch prompte Reaktion auf Kritik ist ehrenwert! Die Rezension bezieht sich aber noch auf die erste Auflage. Sorry!
Ganz sachlich betrachtet besteht das Buch aus einem über Strecken recht
launig dahin plaudernden Rahmentext und einer darin eingebetteten ernsthaften
Sammlung von Zitaten und persönlichen Meinungsäußerungen vorwiegend philosophischen
Inhalts. Mit diesem Ansatz hat der Autor riskiert, ein bleibendes Spannungsmoment
einzubauen, und zwar auf eine Weise, die mich nicht ganz überzeugen konnte.
Einerseits ist die wohlmeinend aufklärerische Intention des Autors hervorzuheben,
andererseits können handwerkliche Mängel der Umsetzung nicht unerwähnt
bleiben. Kürzer: gut gemeint ist nicht schon gut gelungen.
Beginnen wir mit der Rahmenhandlung des Buches. In ihr
wird geschildert, wie ein schon älteres, aber geistig sehr reges Ehepaar,
Thomas („der Ungläubige“ aus dem Neuen Testament?) mit dem Spitznamen
Curioso (der Neugierige) und seine Frau Klara („die Helle und Leuchtende“)
alias Sapientia (die Weisheit) mit ihrem Neffen Manfred
(M wie Michael Murauer)
in einem Cabriolet Fiat Lux philosophierend in Europa unterwegs sind.
Diese drei Protagonisten sind wohl allesamt Personifikationen des Autors,
quasi drei (später vier) Seelen, ach, in seiner Brust. Wenn Onkel und
Tante ihren oft etwas einfältig fragenden, aber durchaus lernbereiten
Neffen ganz beiläufig über Philosophie aufklären, so klingt das, in Alltagsverrichtungen
und –gespräche eingebettet, manchmal recht hochgestochen, wie das Vorlesen
geschriebener Texte, mit zwar oft wirklich klugen Gedanken, aber weit
entfernt von lebendiger Rede. In dieser Situation ist ihr etwas begriffsstutziger
Neffe manchmal ziemlich überfordert: „Ich versteh’ allmählich überhaupt
nichts mehr“ (S.16), ... „Hab’ ich nicht ganz kapiert“ (S.27), ... „Ich
glaube, ihr wollt mich auf den Arm nehmen“ (S. 31), ... „Ist mir noch
nicht aufgefallen“ (S.41), was Onkel und Tante genügend motiviert, ihrem
Neffen mit weiteren eigenen Meinungsäußerungen und längeren Zitaten über
Gott und die Welt auf die Sprünge zu helfen. Sie erlauben sich dabei einige
Freiheiten des Assoziierens: „Tante Sapientia und Onkel Curioso waren
ein ganz munteres Ehepaar, auch wenn ihre Diskussionen nicht immer hart
am Thema blieben, sondern oftmals von allen möglichen eigenartigen Assoziationen
in die überraschendsten Richtungen getrieben wurden“ (S.10). Wohl wahr!
Nach allen Abschweifungen und Selbstunterbrechungen der Beiden besteht
Manfred dann darauf, eine zuvor von ihnen angekündigte Geschichte nun
doch noch vom Anfang bis zum Ende hören zu wollen, und dann kommt, frei
nach Heinz Erhardt: „noch’n Zitat!“, manchmal mit Floskeln wie „Übrigens,
...“ eingeleitet. Obwohl Murauer sein Buch in deutlich voneinander abgehobene
Kapitel gegliedert hat, kommt er doch oft „vom Hölzken aufs Stöcksken“,
und ertappt sich selber immer wieder dabei, oder kokettiert sogar damit.
Das Buch erinnert einen Vater von aufgeweckten Leseratten schon von Anfang
an ganz fatal an „Sophies Welt“ von Jostein Gaarder und an ähnliche Popularisierungen
von Philosophie für jugendliche Leser bzw. kindliche Gemüter von Erwachsenen.
Aber es dauert bis zum 6. von 10 Kapiteln des Buches (S.106 -124), für
einen ausdauernden Rezensenten noch rechtzeitig, dass Murauer selber die
schon lange vernehmbar miauende Katze aus dem Sack lässt und endlich diesen
Verdacht bestätigt. Was man schon auf den ersten Seiten vermuten konnte,
wird dann vom Autor mit den Worten des fiktiven Onkel Curioso entwaffnend
offen eingestanden. Auf die Frage des französischen Verlegers Michel „Was
ist denn jetzt mit Deinem neuen Buch, Curioso?“ (S. 109 u.), antwortet
dieser ganz offen: „Weißt Du, da ist doch dieser philosophische Bestseller
aus Norwegen erschienen, dieser ‚Roman’ über die Geschichte der Philosophie,
‚Sophies Welt’ heißt er.....Ich habe mir gedacht, sieh mal an, mit einem
solchen Thema kann man so viele Menschen erreichen, vielleicht solltest
du doch noch einmal ein Buch schreiben, etwas leichter lesbar, populärer,
amüsanter, ein Buch, das die Leute gerne in Urlaub mitnehmen, bei dem
ich Spaß am Schreiben habe und von dem der Leser trotzdem profitieren
kann“ (S.110). Dem Spaß soll wohl vor allem die schon angesprochene Rahmenerzählung
dienen, den Profit soll der Leser von den Zitaten und philosophischen
Erörterungen haben.
Fast peinlich berührten mich weitere Selbstoffenbarungen des Autors im
Verlauf und vor allem gegen Ende dieses Kapitels. Er vergleicht dann den
Curioso (sein alter ego) mit Rabelais, Diderot, Voltaire (William
Sterne hätte noch dazu gepasst!), bringt den Text in die Ahnenreihe des
pikarischen Romans (des Gauner- und Schelmenromans), lässt den französischen
Verleger Michel das Buch des Curioso mit Thomas Manns „Bekenntnisse des
Hochstaplers Felix Krull“ vergleichen. Auch auf das Stilmittel der fiktiven
Autobiographie und auf die „Freude ... an der Camouflage“ wird literaturkundig
hingewiesen. Onkel Curioso weist dies alles bescheiden zurück: „Auf was
Du so alles kommst, Michel ... Jetzt fehlt nur noch, dass Du mich als
>philosophischen Hochstapler< bezeichnest! Aber es ist nett von
Dir, dass Du mir in punkto relativer Unsterblichkeit einiges zutraust.
Aber wahrscheinlich überschätzt Du mich da eher“ (S. 123). Aber ... ist
nicht auch Michel ein alter ego des Autors Michael
Murauer?
Murauer versteckt sich nicht in solchen Projektionen seiner selbst, sondern
offenbart sich eher in ihnen und zwar mit immer wieder entwaffnender Offenheit.
Seine selbst angeklebten Bärte, übergezogenen Kleider und übernommenen
Rollen sind nur allzu durchsichtig. Sie lassen einen intellektuell redlichen,
in der Philosophie belesenen, sozial einfühlenden und hilfsbereiten Menschenfreund
erkennen. Er kann dabei auch sehr wohlmeinend und blauäugig eine schwer
realisierbare Utopie herbeiwünschen, so in Tante Sapientias „Stiftung
für sachgerechte Politik ... für geistig unabhängige Nachwuchspolitiker“
(S. 144). Philosophen auf dem Königsthron?
In mindestens zwei Fällen, Freunde des Autors mögen noch mehr herausfinden,
wendet Murauer in der Rahmenhandlung Stilmittel des Schlüsselromans an.
Dass „Georg Denk“ eine gelungene Kopie von Georg Batz (Erster Vorsitzender
der Gesellschaft für Kritische Philosophie und bewährter Versammlungs-
und Diskussionsleiter) ist, habe ich schon angedeutet. Wie sich die Besucher
der von ihm geleiteten Veranstaltungen erinnern können, hatte er es in
der realen Situation oft nicht leicht mit Vortragenden und Diskutanten,
die er manchmal nur mit mäßigem Effekt zur größeren Disziplin ermahnen
konnte. In ähnlicher Weise wie „Georg Denk“ entpuppt sich auch ein „Hans
Credorat“ (er könnte auch „Johannes Regulus“ heißen) als Pseudonym, nämlich
für Hans Küng, der in dem Buch die Rolle des „advocatus diaboli“ (Verzeihung:
eines apologetes Dei!) übernehmen muss.
Wenn ich auf die Gefahr hin, dem Leser alle Neugierde wegzunehmen, hier
schon vorweg über solche Mystifizierungen aufkläre, riskiere ich wenig,
denn diese Rahmenhandlung ist auch ansonsten gar nicht soo spannend. Sie
kann es nicht schaffen, den Spannungsbogen über die in sie eingebetteten
und oft recht langen Zitate aufrechtzuerhalten. Sie fällt darum auch kaum
ins Gewicht gegenüber den in ihr transportierten und kenntnisreich vermittelten
philosophischen Inhalten. Die mit der Rahmenhandlung herangelockten „Manfreds“
und andere Jugendliche hingegen würden von den anspruchsvollen philosophischen
Disputationen wohl rettungslos überfordert werden.
Befassen wir uns nun mit dem philosophisch relevanten Inhalt des
Buches. Mit den reichlich in die Rahmenhandlung eingestreuten Zitaten
und Erörterungen versucht Murauer, den von ihm angezielten ernsthaften
Profit für den Leser zu bieten, so etwa wie Rosinen, Zitronat und Mandelkerne
einen ansonsten etwas zu teigigen Weihnachtsstollen erst richtig schmackhaft
und gehaltvoll werden lassen. Murauers Lieblingsautoren, die er mehrfach
zitiert, sind offenbar Michel de Montaigne, Arthur Schopenhauer, Friedrich
Nietzsche und Bertrand Russel. Ansonsten nennt und zitiert er alles, was
in Philosophie, Wissenschaft und Literatur unter Aufklärern und ihren
Intimfeinden bzw. Kritikern Rang und Namen hat, nach meiner Zählung auf
den 184 Seiten des Buches die Namen von insgesamt 135 verschiedenen Autoren.
Abgesehen von den paar autorenfreien Schilderungen von Fahrten mit dem
Fiat Lux kommt im Durchschnitt auf jeder neuen Seite neben den wiederholt
erwähnten Namen noch ein neuer Name hinzu! Ich denke, dass dem Buch, genauer:
dem Leser, solch lang andauerndes name-dropping nicht gut bekommt. Weniger
davon wäre mehr gewesen!
Zu den schon angesprochenen Versteckspielen Murauers gehört auch die von
ihm wiederholt praktizierte Methode (oder eher Unart!), den von ihm gemeinten
oder sogar zitierten Autor nicht – oder jedenfalls nicht vorweg – mit
dessen Namen kenntlich zu machen, sondern ihn mit einem nur dem Kundigen
vertrauten Beinamen oder mit einer kurzen Charakterisierung vorzustellen,
die natürlich ein philosophisch ungebildeter „Manfred“ nicht auf Anhieb
verstehen kann. Murauer gibt also den Kundigen (philosophisch Gebildete
wie er selbst) Rätsel zu raten, die nur ihresgleichen auflösen können.
Das fängt an mit „jenem preußischen Staatsphilosophen“ (S.8) ... natürlich
Hegel, setzt sich fort mit dem „großen Bertie“ (S. 13). Na, das weiß doch
jeder: Bertrand Russel! Oder auf S.15: „der erste Akademiker mit seinem
Höhlengleichnis“. ? ? Lesen Sie einfach weiter, etwas später (erst im
übernächsten Abschnitt) fällt sein Name: Platon! Aber wer ist „jener deutsche
Schollenphilosoph ... der existenzphilosophische Mystifizierer im Schwarzwald“
(S. 83)? Schon zwei Seiten später erfährt man seinen Namen: Heidegger!
Und kennen Sie „den neapolitanischen Professor“ (S. 111)? Sie wissen es
nicht? Schämen Sie sich! Es ist Umberto Eco! Und wenn Sie auf S. 118 lesen
„Ja, ich weiß schon: ‚Anything goes’“, dann fällt Ihnen hoffentlich schon
selber Paul Feyerabend ein! Und „dieser schriftstellernde Philosophiedozent
aus Norwegen“ (S. 120) ist natürlich Jostein Gaarder! Den „philosophisch
veranlagten Lordkanzler König James’ I.“ kennen Sie nicht? Es ist Francis
Bacon. Und wer ist „unser Anstreicher“ (S. 150)? Wir Alten wissen es noch:
Adolf Hitler! Aber den kennen Sie ganz bestimmt, den „Kanzler der deutschen
Wiedervereinigung“ (S. 151). Ja, es stimmt, Helmuth Kohl! Murauer weiß
natürlich in solchen Fällen, wen er so oder anders apostrophiert, aber
weiß es jeder Leser? Jeder Manfred? Ein solches Vorgehen trägt nicht zur
schnellen und präzisen Orientierung bildungshungriger Leser bei. Den Namen
des gemeinten Autors rechtzeitig, nämlich vorweg, klar mitzuteilen, wäre
dafür hilfreicher, denn Rätsel und Mystifizierungen sind wenig geeignet,
Aufklärung zu vermitteln. „Der mit dem Fiat Lux“ sollte sich also etwas
kundenfreundlicher verhalten: die von ihm dargebotenen Waren klar kennzeichnen,
mit Namen, Inhalt, Bezugsquelle und Preis, möglichst auch mit ISBN-Nummer!
Der „Fiat Lux“, zwar offensichtlich ein Werbeträger für die Aufklärung
(„Scheinwerfer an!“), ist jedoch andererseits mit einem mysteriösen Gerät
zur Realisierung von „Zeitreisen“ versehen. Aufklärung mittels Zeitreisen
zu betreiben, ist schon ein Witz, wenngleich kein guter, denn da wird
eine von Einsteins Relativitätstheorie abgeleitete Unmöglichkeit aufgegriffen,
die besser zur Bestätigung des Glaubens an ein Weiterleben nach dem Tode
dienen könnte. Dies wäre aber eher eine Zumutung an menschliche Urteilskraft
als etwa eine Unterstützung von nüchterner Aufklärung. Die „Zeitreise“
ermöglicht dem Autor bzw. seinen Alias-Personen zwar interessante Begegnungen
mit längst verstorbenen Geistesgrößen mehrerer Jahrhunderte, die dann
sogar gleichzeitig auftreten und sogar miteinander diskutieren, z.B. David
Hume mit Bertrand Russel und Hans Küng („Hans Credorat“), aber sie bleibt
eine Mystifizierung, die dem im übrigen aufklärerischen Anliegen des Autors
widerspricht, auch wenn sie spaßeshalber eingeführt wird. Immerhin ist
anzuerkennen, dass Heidegger nicht per Zeitreise nach Wales eingeladen
wurde. Aber haben die dort diskutierenden Philosophen, Literaten und Theologen
wirklich zu Lebzeiten das gesagt oder geschrieben, als Zitat verwendbar,
was ihnen Murauers Text in den Mund gelegt hat? Das ist nicht klar erkennbar.
Oder hätten die „zitierten“ Autoren dies vielleicht nur gesagt haben können
? Nämlich nur wenn sie an einer Zeitreise nach Wales
hätten teilnehmen können. Haben sie
aber nicht! Hat beispielsweise Hans Küng das, was Murauer dessen Alias-Person
Hans Credorat aussagen lässt, wirklich selber gesagt, hätte er es wahrscheinlich
gesagt haben können, oder ist Hans Credorat vielleicht doch nur ein weiteres
Pseudonym für Murauer? Wir wissen es nicht.
Für den, der mit Philosophie ohnehin vertraut ist, sagen die von Murauer
ausgewählten Zitate nicht viel Neues. Dagegen findet ein der Philosophie
unkundiger Leser, den Murauer offenbar gezielt ansprechen wollte, auch
dann, wenn er das Buch bis zum Ende gelesen und die vielen über den Text
verstreuten Zitate zur Kenntnis genommen hat, kaum einen eigenen Zugang
zu dem einen oder anderen dieser vielen Autoren. Denn weil Murauer kaum
eines der in den Plaudertext eingebetteten Zitate mit genauen bibliographischen
Angaben versehen hat, kann der Leser auch nicht herausfinden, was der
zitierte Autor noch des weiteren an klugen Gedanken zum Thema geschrieben,
oder aber an undiskutablen Ansichten von sich gegeben hat. Vor allem sind
derart isolierte Zitate weder in den engeren Kontext, noch in den weiteren
Hintergrund einer Abhandlung einordenbar, aus dem Murauer sie entnommen
hat.
Da fragt man sich auch: sind es überhaupt wörtliche Zitate bzw. halbwegs
korrekte Übersetzungen? Ohne Quellenangaben kann man das nicht überprüfen,
und was noch ärgerlicher ist, man kommt dann in die Verlegenheit, ohne
ihre Hilfe selber nach den Titeln und Verlagen der Bücher suchen zu müssen,
in denen diese Zitate in ihrem je eigenen Kontext zum Weiterlesen einladen.
Sicher, das Internet mit Google und anderen Suchmaschinen könnte inzwischen
besser helfen als die „Geflügelten Worte“ von Georg Büchmann (DBG, Berlin,
1952). Aber statt ziellos zu googeln bleibt eine bessere Lösung: eine
E-mail an den Autor ( >michael.murauer@dgn.de< ), der hoffentlich
eine Liste mit Literaturangaben vorbereitet hat und zurück mailen kann.
Von diesen Mängeln abgesehen ist das Buch eine wahre Fundgrube für Zitate
von Philosophen und anderen Geistesgrößen, von den Vorsokratikern bis
zu noch lebenden Zeitgenossen, die sich um Aufklärung bemüht haben. Mit
„Hans Credorat“, Katharina Feuerbach und William James kommen aber auch
Autoren zu Wort, die sich für den christlichen Glauben einsetzen, oder
die wie Jean-Jaques Rousseau zu romantisch-utopischen Spekulationen neigen.
Deren Argumente werden von „Tante Sapientia“ in ihren positiven Aspekten
sogar ausdrücklich gewürdigt und gegen religionskritische Anwürfe von
„Onkel Curioso“ verteidigt. Das macht einen großen Vorzug dieses Buches
aus: Es ist nicht durch nur eine einzige herrschende Meinung, und sei
es die der Aufklärung, bestimmt, sondern gibt verschiedenen, auch gegensätzlichen
Interpretationen Raum. Es lässt Philosophen, Literaten, Wissenschaftler,
Praktiker und Laien miteinander ins Gespräch kommen, an dem sich auch
der etwas tumbe Manfred beteiligen und zumindest weiterführende Fragen
stellen darf, und die Antworten, die er dann von Onkel und Tante bekommt,
stimmen keineswegs immer miteinander überein.
Gerade diese Besonderheit des Buches stimmt mich, der ich es zunächst
sehr kritisch sah, wieder versöhnlicher: Ein Buch, in dem offen und kontrovers
diskutiert wird, das sogar selber Anlass zur Kritik bietet, ist für Aufklärung
allemal förderlicher als die überaus korrekte Abhandlung eines Autors,
der alles selber schon besser weiß und Gegenmeinungen gar nicht erst aufkommen
lässt, sie zumindest streng überheblich zurückweist. Also dennoch: Tolle,
lege! Nimm (kauf) und lies!
Wem sollte dieses Buch ans Herz gelegt, ja bei nächster Gelegenheit geschenkt
werden? Wer kommt am ehesten als Käufer in Frage? Natürlich zunächst alle,
die sich über Jahre in Nürnberg und Fürth an den Wochenendtagungen der
„Gesellschaft für kritische Philosophie“ beteiligt haben, und die sich
gern an die lebhaften, meist sachhaltigen und oft kontroversen Diskussionen
nach den Vorträgen und beim abendlichen Zusammensein erinnern, natürlich
auch an die lobenswerten Bemühungen von Georg Batz (alias Georg Denk),
die Diskutanten immer wieder an das gerade behandelte Thema zu erinnern
und ihre Beiträge nicht in ideologische Kämpfe ausufern zu lassen. Weitere
prospektive Leser sind alle, die immer wieder gern das jeweils neueste
Heft von „Aufklärung und Kritik“ durchstudieren. Bei solchen Lesern könnte
Murauer zwar offene Türen einrennen, denn wer von uns müsste erst von
der Qualität eines Epikur, Michel de Montaigne, David Hume und Georg Christoph
Lichtenberg überzeugt werden! Es sind ja unsere geistigen Väter und weiterhin
guten Freunde. Das Gesagte gilt auch für viele, die sich in der Marburger
philoSOPHIA engagiert haben und sich über Philosophie und Literatur in
ihrem >www.marburger-forum.de< informieren. Fiat lux!